Trinkwasserhygiene und Legionellenprophylaxe

Die Sicherstellung einer einwandfreien Trinkwasserhygiene und wirksame Legionellenprophylaxe sind entscheidende Faktoren für den Gesundheitsschutz in Gebäuden. Eine strukturierte Gefährdungsanalyse bildet die Grundlage für effektive Präventionsmaßnahmen und die Einhaltung gesetzlicher und normativer Vorgaben. Besonders in Warmwasseranlagen und Kühltürmen finden diese Bakterien ideale Bedingungen vor. Eine regelmäßige Überprüfung von Trinkwasseranlagen in Gebäuden und die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik sind daher unerlässlich, um die hohe Qualität unseres Trinkwassers zu gewährleisten und potenziellen Gesundheitsgefahren vorzubeugen. 

Die Bedeutung der Trinkwasserhygiene

Trinkwasserhygiene und Legionellenprophylaxe Risikobewertung in einem modernen Gebäude

Trinkwasserhygiene beschäftigt sich mit allen Faktoren, die die Qualität des Wassers innerhalb von Trinkwasserinstallationen beeinflussen können. Sauberes Trinkwasser ist für uns selbstverständlich, doch in technischen Anlagen können sich unter bestimmten Bedingungen gesundheitsgefährdende Mikroorganismen, wie Legionellen, vermehren.

Die drei hygienerelevanten und zusammenwirkenden Einflussgrößen sind:

  • Durchströmung der Leitungen
  • Temperaturkontrolle (Kaltwasser: gut < 25°C; Warmwasser: gut > 55 °C)
  • Regelmäßiger Wasseraustausch (gut < 3 Tage, schlecht > 7 Tage)

Ein regelmäßiger und ausreichender Wasseraustausch, eine gute Durchströmung des Leitungsnetzes sowie die Einhaltung der Betriebstemperaturen sind nicht nur unverzichtbar, sondern eine grundlegende Anforderung, um das Wachstum von pathogenen Mikroorganismen zu verhindern.

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Legionellen: Risiken und Prävention

Legionellen sind gramnegative, stäbchenförmige Bakterien, die in geringen Konzentrationen natürlicherweise in nahezu allen Gewässern vorkommen. Kritisch werden sie insbesondere dann, wenn sie unter geeigneten Bedingungen vermehren. Eine erhöhte Konzentration kann beim Einatmen von kontaminierten Aerosolen zu schweren, mitunter lebensbedrohlichen Erkrankungen wie der Legionärskrankheit führen. Diese Infektionswege unterstreichen die Notwendigkeit einer konsequenten Trinkwasserhygiene und Legionellenprophylaxe, insbesondere an Probenahmestellen mit erhöhtem Aerosolbildungspotenzial, wie Duschköpfen.

Ideale Wachstumsbedingungen

  • Wassertemperaturen zwischen 25°C und 50°C
  • Stagnierendes Wasser (z.B. in Totleitungen)
  • Biofilmbildung in Rohrleitungen
  • Ablagerungen und Korrosion
  • Mangelnder Wasseraustausch

Gesundheitliche Risiken

  • Pontiac-Fieber (grippeähnliche Symptome)
  • Legionärskrankheit (schwere Lungenentzündung)
  • Übertragung durch Einatmen von Aerosolen (z.B. beim Duschen)
  • Besonders gefährdet: ältere Menschen, Immungeschwächte
  • Mögliche schwere Verläufe bis hin zu Todesfällen

WICHTIG

Legionellen sind weltweit vorkommende Umweltkeime und stellen das größte umwelthygienische Infektionsproblem in allen Warmwasserversorgungsystemen von öffentlichen und privaten Gebäuden dar.

Präventionsmaßnahmen gegen Legionellen

Technische Maßnahmen

  • Einhaltung der Temperaturvorgaben (Warmwasser >55°C)
  • Hydraulischer Abgleich der Trinkwasseranlage
  • Rückbau von Totleitungen
  • Fachgerechte Isolierung der Leitungen

Betriebliche Maßnahmen

  • Regelmäßige Spülung selten genutzter Entnahmestellen
  • Thermische Desinfektion bei Bedarf
  • Dokumentierte Wartung und Kontrolle
  • Schulung des Betriebspersonals

Organisatorische Maßnahmen

  • Erstellung eines Hygieneplans
  • Regelmäßige Probenahme und Analyse
  • Dokumentation aller Maßnahmen
  • Festlegung von Verantwortlichkeiten

Gefährdungsanalyse: Systematisches Vorgehen

Die Gefährdungsanalyse, auch als Risikobewertung bezeichnet, ist ein systematischer Prozess zur Identifikation und Bewertung potenzieller Risiken in Trinkwasserversorgungsanlagen. Ziel ist es, eine zeitliche Abfolge von Maßnahmen zu priorisieren und so die kontinuierliche Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser sicherzustellen.

Gefährdungen rechtzeitig erkennen, bevor sie zum Risiko werden. Unsere systematische Gefährdungsanalyse schafft Transparenz und Sicherheit

Ablauf einer systematischen Risikobewertung

1. Vorbereitung

  • Sichtung vorhandener Unterlagen (Pläne, Dokumentationen)
  • Auswertung bisheriger Prüfergebnisse
  • Klärung der Anlagentechnik und Betriebsweise
  • Festlegung des Untersuchungsumfangs

2. Vor-Ort-Begehung

  • Inspektion der gesamten Trinkwasserversorgungsanlage
  • Festlegung der Probenahmestellen
  • Dokumentation durch Fotos und Aufzeichnungen
  • Messtechnische Aufnahme der Temperaturen und  Volumenströme an kritischen Punkten
  • Identifikation von Abweichungen

3. Analyse & Bewertung

  • Bewertung der festgestellten Mängel
  • Einschätzung des Risikopotentials
  • Abgleich mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik
  • Priorisierung der Handlungsfelder

Professionelle Risikobewertung für Ihre Trinkwasseranlage

Unsere Sachverständigen führen eine umfassende Risikobewertung nach den aktuellen technischen Regeln der Technik durch und erstellen einen maßgeschneiderten Maßnahmenplan.

Gesetzliche Grundlagen und Normen

Die Trinkwasserhygiene unterliegt in Österreich und der EU strengen gesetzlichen Vorgaben. Betreiber von Trinkwasserversorgungsanlagen müssen diese Anforderungen kennen und einhalten.

Rechtliche Grundlage Inhalt Relevanz für Betreiber
EU-Trinkwasserrichtlinie Europäische Vorgaben zur Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch Grundlegende Qualitätsanforderungen, die in nationales Recht umgesetzt werden.
Trinkwasserverordnung (TWV) Nationale Umsetzung der EU-Richtlinie mit spezifischen Anforderungen Verbindliche Vorgaben für Betreiber.
ÖNORM B5019 Hygienerelevante Planung, Ausführung, Überwachung und Sanierung von zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen Technische Regeln für den bestimmungsgemäßen Betrieb
ÖNORM B5021 Anforderungen an die bakteriologische Beschaffenheit des Trinkwassers sowie die Überwachung von dezentralen Trinkwassererwärmungsanlagen Spezifische Vorgaben für dezentrale Warmwassersysteme
ÖNORM B1300/B1301 Objektsicherheitsprüfungen für Wohngebäude bzw. Nicht-Wohngebäude Verkehrssicherungspflichten der Betreiber
ÖNORM B1921 Hygienische Anforderung Technische Regeln zur Überwachung und Sanierung zur Erhaltung der Wasserqualität von Trinkwassererwärmungsanlagen

Achtung: Bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben drohen nicht nur gesundheitliche Risiken für die Nutzer, sondern auch rechtliche Konsequenzen für die Betreiber, einschließlich Haftungsrisiken bei Gesundheitsschäden.

Typische Risikoszenarien und Lösungsansätze

In der Praxis gibt es typische Risikoszenarien, die bei einer Risikobewertung häufig identifiziert werden. Basierend auf umfangreichen Erfahrungswerten lassen sich die häufigsten Mängel und entsprechende Lösungsansätze definieren.

Häufige Risikofaktoren

  • Mangelnde Isolierung der Leitungen – Führt zu unerwünschtem Temperaturausgleich zwischen Kalt- und Warmwasser
  • Fehlender hydraulischer Abgleich – Verursacht ungleichmäßige Durchströmung und Temperaturverteilung
  • Unzureichende Kennzeichnung – Erschwert Wartung und Kontrolle
  • Mangelhafte Wartungsdokumentation – Verhindert systematische Instandhaltung
  • Nicht zurückgebaute Totleitungen – Bieten ideale Bedingungen für Legionellenwachstum

Effektive Lösungsansätze

  • Fachgerechte Isolierung – Nachrüstung normgerechter Isolierung für alle Leitungen
  • Hydraulischer Abgleich – Einregulierung des Trinkwassersystems
  • Systematische Kennzeichnung – Eindeutige Markierung aller Komponenten
  • Digitales Wartungsmanagement – Lückenlose Dokumentation aller Maßnahmen
  • Rückbau von Totleitungen – Entfernung nicht genutzter Leitungsabschnitte

Fallbeispiel: Sanierung nach Legionellenbefall

Ausgangssituation:

Mehrfamilienhaus mit 24 Wohneinheiten, Baujahr 1985. Bei der routinemäßigen Legionellenprüfung wurde eine Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts festgestellt (5.000 KBE/100ml).

Durchgeführte Risikobewertung:

Die Analyse ergab mehrere kritische Mängel:

  • Warmwassertemperatur am Austritt des Speichers nur 48°C (Soll: mind. 60°C)
  • Zirkulationsleitung hydraulisch nicht abgeglichen
  • Mehrere nicht genutzte Leitungsabschnitte (Totleitungen)
  • Fehlende Isolierung an mehreren Stellen

Umgesetzte Maßnahmen:

  • Sofortmaßnahme: Thermische Desinfektion (70°C für 3 Minuten an allen Entnahmestellen)
  • Erhöhung der Speichertemperatur auf 60°C
  • Hydraulischer Abgleich der Zirkulationsleitung
  • Rückbau aller Totleitungen
  • Nachrüstung der fehlenden Isolierung
  • Erstellung eines Spülplans für selten genutzte Entnahmestellen

Ergebnis:

Bei der Nachkontrolle nach 4 Wochen waren keine Legionellen mehr nachweisbar. Ein dauerhaftes Monitoring-Konzept wurde implementiert.

Maßnahmenplan nach der Risikobewertung

Nach Abschluss der Risikobewertung wird ein strukturierter Maßnahmenplan erstellt, der konkrete Handlungsempfehlungen mit unterschiedlichen Prioritäten enthält.

Sofortmaßnahmen

Unverzüglich umzusetzende Maßnahmen zur direkten Gefahrenabwehr:

  • Nutzungseinschränkungen (z.B. Duschverbot) oder Einbau von sterilen Filter
  • Information der Nutzer
  • Thermische Desinfektion
  • Intensive Spülung der Anlage

Höchste Priorität

Kurz- und mittelfristige Maßnahmen

Innerhalb weniger Wochen bis zu einem Jahr umzusetzen:

  • Hydraulischer Abgleich
  • Nachrüstung fehlender Isolierung
  • Optimierung der Betriebsparameter
  • Erstellung eines Spülplans

Mittlere Priorität

Langfristige Maßnahmen

Maßnahmen mit längerer Vorbereitungszeit:

  • Umfassende Sanierung der Anlage
  • Austausch veralteter Komponenten
  • Strukturelle Änderungen am System
  • Implementierung eines Qualitäthandbuchs

Planungsbedarf

TIPP

Die Umsetzung der Maßnahmen sollte durch Fachpersonal erfolgen und dokumentiert werden. Eine Erfolgskontrolle durch erneute Probenahme ist unerlässlich.

Festlegung technikspezifischer Qualitätsstandards

Die nachhaltige Gewährleistung der Trinkwasserhygiene setzt eine auf die jeweilige Anlage abgestimmte Qualitätsstrategie voraus. Diese umfasst:

Qualitätshandbuch

Ein Qualitätshandbuch dokumentiert alle relevanten Informationen zur Trinkwasseranlage und definiert Prozesse und Verantwortlichkeiten:

  • Anlagenbeschreibung und Systemgrenzen
  • Betriebsparameter und Sollwerte
  • Wartungs- und Instandhaltungspläne
  • Probenahmeplan und Dokumentation
  • Notfallmaßnahmen bei Grenzwertüberschreitungen

Mitarbeiterschulung

Die Einschulung der verantwortlichen Mitarbeiter ist entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung der Qualitätsstandards:

  • Grundlagen der Trinkwasserhygiene
  • Anlagenspezifische Besonderheiten
  • Durchführung von Kontrollen und Dokumentation
  • Erkennen von Abweichungen und Handlungsoptionen
  • Regelmäßige Auffrischungsschulungen

Fazit: Nachhaltige Trinkwasserhygiene durch systematische Risikobewertung

Die nachhaltige Sicherstellung einer hygienisch einwandfreien Trinkwasserversorgung erfordert weit mehr als nur eine funktionierende technische Infrastruktur. Eine systematische Risikobewertung innerhalb von Trinkwasserinstallationen bildet das zentrale Instrument, um potenzielle Gefahrenbereiche frühzeitig zu erkennen und gezielte Maßnahmen einzuleiten. Die Anlagenbetreiber tragen die Verantwortung für die Wasserqualität unmittelbar nach dem Wasserzähler bis zum letzten Auslass. 

Legionella pneumophila, selbst in geringer Konzentration, stellt eine erhebliche gesundheitliche Gefahr dar. Bei Temperaturen ab 25 °C und unzureichendem Durchfluss, etwa in schlecht durchströmten Steigsträngen oder stillgelegten Leitungsabschnitten, finden diese Bakterien ideale Bedingungen zur Vermehrung. Die Folge können schwere Lungenentzündungen sein, die insbesondere für vulnerable Verbrauchergruppen lebensbedrohlich werden können.

Ein Qualitätshandbuch mit der entsprechenden Einschulung des Betriebspersonals, chemisch-mikrobiologische Kontrollen sowie eine hygienerelevante Planung und der ordnungsgemäße Betrieb der Anlagen sind essenziell, um Hygieneprobleme in Trinkwassersystemen sowie angrenzenden Lüftungssystemen zu vermeiden.

Nachhaltige Trinkwasserhygiene basiert auf technischem Know-how, kontinuierlicher Überprüfung und dem klaren Bewusstsein für die Wichtigkeit eines lückenlos sauberen Trinkwasserversorgungssystems. Nur so lassen sich die gesetzlichen Anforderungen erfüllen und gleichzeitig Vertrauen und Sicherheit für alle Verbraucher schaffen.